Einsichten

Viele betagte Menschen verbringen ihren Lebensabend heutzutage in einem Alters- oder Pflegeheim. Die Hemmschwelle, das eigene Zuhause gegen ein Zuhause im Altersheim einzutauschen, ist immer noch gross. Wir setzen uns nicht gerne damit auseinander und wissen oftmals nicht, wie die Realität dort wirklich aussieht. Diese Lücke zu füllen, ist mein Ansporn: Ich möchte fotografisch festhalten, wie betagte Menschen in Alterszentren wohnen – in ihren eigenen vier Wänden des Heimes.

Zudem bekomme ich den Eindruck, dass ältere Menschen etwas aus dem Fokus geraten, sobald sie in einem Heim sind – getreu dem Motto: aus den Augen aus dem Sinn. Mit diesem Fotoprojekt möchte ich die betagten Menschen wieder zurück „in den Sinn“ bzw. in unser Bewusstsein bringen: Sie haben ein reiches Leben hinter sich und verfügen über viel Lebenserfahrung, von welcher alle nur profitieren können. Deshalb gebe ich ihnen eine Stimme und frage sie, was sie nach ihrem langen Leben uns „Jungen“ als Botschaft mit auf den Weg geben möchten (Audio).

Testimonials und Impressionen von der Ausstellung in der Galerie 111 in Zürich vom 15. bis 20. Oktober 2020

Frau Kessler ist es wichtig, Freundschaften auch ausserhalb des Alterszentrums zu pflegen, da man keine engen sozialen Kontakte erwarten dürfe. Singen und Musizieren waren von klein auf ihre grossen Leidenschaften. Mit 60 Jahren erfüllte sie sich noch einen Wunsch und nahm Klavierunterricht. Mittlerweile besitzt Frau Kessler ein eigenes Keyboard. Wenn sie die Kopfhörer aufsetzt, kann sie zu jeder Tages- und Nachtzeit spielen, ohne jemanden zu stören.

 

Herr Risi hat sein Zimmer schlicht eingerichtet. Das Bild stammt von seinem Vater, der den Maler persönlich gekannt hatte. Auf dem Sessel sitzt Herr Risi oft – fürs Bild ist er aufgestanden. Obschon er nun im Alterszentrum ist, hat er immer noch einen vollen Terminkalender: Er ist nämlich für die Plakatierung im Alterszentrum zuständig und wechselt die Aushänge täglich.

 

Frau Huber ist seit einigen Jahren im Alterszentrum und leidet an Parkinson. Sie geht spazieren, liest viel, hört Musik und spielt gerne „Eile mit Weile“ unten im Gemeinschaftsbereich. Ihre Freundinnen und ihre jüngere Schwester kommen sie regelmässig besuchen. Im Zimmer bewahrt sie Fotos ihrer Geschwister und ihres verstorbenen Mannes auf – ebenso drei Figuren, die sie zusammen mit ihrem Mann gekauft hatte.

 

Für Frau Anderes ist das Alterszentrum wirklich ein Daheim. Deshalb möchte sie es auch weiterhin AltersHEIM nennen – das passe besser als Alterszentrum. In der Freizeit habe sie es streng, wie sie mit einem Augenzwinkern sagt. Beispielsweise liest sie jeden Tag die Zeitung, welche sie von einer Frau geschenkt bekommt. Der Fernseher steht zwar im Zimmer, ist aber seit zwei Jahren kaputt. Oft sitzt sie im neuen, bequemen Stuhl und macht ganz viel „Nichts“. Während des Nichtstuns lässt sie den Film ihres Lebens innerlich ablaufen und freut sich daran, dass sie es im Alter so schön hat.

 

Frau Schmidt wuchs in der Stadt Zürich auf. Sie ist eine fröhliche Person, die viel lacht. Ihr ganzes Leben verbrachte sie ohne Fernseher. Viel lieber hört sie Radio und stellt sich Sachen vor – „mit viel Fantasie“, wie sie betont. Mutz und Rapunzel haben sie ihr Leben lang begleitet und sitzen nun auf dem Bänkli an der Wand. Sie schätzt es, dass im Alterszentrum für alles gesorgt ist und fährt „in der Freizeit“ gerne mit dem 9-Uhr-Pass im Kanton Zürich umher.

 

1956 kam Herr Vaszary als Flüchtling aus Ungarn in die Schweiz. Das Gemälde über seinem Schreibtisch stellt das Wohnzimmer seiner Grossmutter dar. Einige Gegenstände, die auf dem Gemälde abgebildet sind, befinden sich nun in echt bei ihm im Zimmer: Zum Beispiel das Porträt der Grossmutter, das nun auf seinem Tisch steht. Wenn Herr Vaszary das Gemälde betrachtet, hat er immer noch den ursprünglichen Geruch des Zimmers in der Nase.

 

Frau Lang nahm beim Umzug nur das Nötigste mit und tauschte die alten schweren Möbel durch neue aus. Insgesamt 32 Jahre lang lebte sie in zwei verschiedenen Beziehungen. Zuerst war sie 30 Jahre bis zum Tod ihres Mannes verheiratet und dann zwei Jahre in einer Partnerschaft, bis der Partner ebenfalls verstarb. Beide Lebensgefährten hiessen Ernst, „zweimal habe ich es gut gehabt“. Mittlerweile ist sie Urgrossmutter und stolz darauf.

 

Frau Schönenberger ist eine Person, die offen von sich erzählt, lebhaft über wichtige Themen diskutiert und ihre Meinung zu Aktualitäten kundtut. Ihr ganzes Leben lang war sie berufstätig – das war ihre grosse Leidenschaft. Zudem leistete sie zehn Jahre Freiwilligenarbeit in Alterszentren und wurde daher schon früh mit dem Thema des Älterwerdens konfrontiert. Da sie ständig hinterfragt, was sie im Leben wirklich braucht, nahm sie sich bewusst materiell zurück und organisierte ihr Leben entsprechend um. Unter gar keinen Umständen möchte sie jemals eine Belastung für ihr Umfeld werden.

 

„Politik habe ich im Blut“, sagt Herr B. – das war schon vor 50 Jahren in Ägypten so und das sei heute immer noch so. Während zwei Jahren war er in Ägypten zur Zeit von Nasser in Haft und musste anschliessend 5,5 Jahre in den Militärdienst, obschon er früher aufhören wollte. Herr Bashir besitzt insgesamt 6 Handys. Eines für jedes Land, in welchem er Familie oder Bekannte hat (z.B. Ägypten, Italien, USA). Deshalb hat er nicht viel Zeit: Entweder ist er am Telefonieren oder am Computer am Politisieren.

 

Turnen ist die Leidenschaft von Frau Eisenring: Seit 70 Jahren ist sie im Turnverein und geht im Alterszentrum immer noch ins Turnen. Mit ihrem Mann zusammen hat sie viele grosse Wander-Touren unternommen. Mittlerweile ist sie jedoch beim Gehen auf den Stock angewiesen. Damit sie dennoch rüstig bleibt und unterwegs sein kann, besitzt sie das GA. Es ist ihr wichtig, unabhängig zu sein!

 

Die Familie ist für Frau Schilling das Allerwichtigste. Drei Kinder, sieben Enkel und einen Urenkel gehören dazu. Sie hatte eine tolle Beziehung zu ihrem Mann, der leider schon mit 45 Jahren an Alzheimer erkrankte. Das Foto des letzten Blumenstrausses, den sie von ihm geschenkt bekommen hat, hat für sie eine spezielle Bedeutung und steht immer in Sichtweite im Zimmer.

 

„Ich gehe nicht ins Heim, ich bin hier daheim“, das ist die Haltung von Frau Berger. Bevor sie ins Alterszentrum kam, dachte sie ab und zu, dass es egal wäre, wenn sie jetzt sterben würde. Dass sie beim Umzug all die Sachen ihres verstorbenen Mannes zurücklassen musste, war für sie schmerzhaft. Nun, da sie sich hier zu Hause fühlt und vom ersten Tag an glücklich und zufrieden war, möchte sie schon noch ein wenig weiterleben. Der Glaube gibt ihr Kraft, und es tut ihr gut, aktiv zu sein und selber etwas zu machen – wie zum Beispiel Nähen.

 

Frau Koch ist glücklich, wenn sie „ausländisch“ sprechen kann. Mit ein paar Mitbewohnenden kann sie sich auf Italienisch unterhalten. Ebenso mit der Familie ihrer Tochter, die im Tessin wohnt. Ihre Angehörigen fänden es schön, wenn sie auch im Tessin wohnen würde, doch Frau Koch fühlt sich als Zürcherin. Viele Jahre arbeitete sie im Seniorenzentrum am Klusplatz, welches von Emilie Lieberherr gegründet wurde. Obschon Frau Koch beim Bewerbungsgespräch gesundheitlich schwer angeschlagen war, stellte Frau Lieberherr sie trotzdem ein – dafür ist sie ihr sehr dankbar.

 

Frau Läubli ist Menschen gegenüber aufgeschlossen und hat ein grosses Herz. Zusammen mit ihrem Mann hatte sie die Verantwortung für ein Schulhaus und unterhielt viele gute Beziehungen mit Schülern und Lehrenden. Daneben kümmerte sie sich freiwillig um ältere Menschen in der Nachbarschaft und betreute diese bisweilen bis zum Tod. Nach der Pensionierung unternahm sie mit ihrem Mann zwei Weltreisen und brachte viele Souvenirs nach Hause, wovon einige auf dem Bett zu finden sind.

Herr und Frau von Arx lernten sich Ende der 50er Jahre in Kolumbien kennen. Zusammen kamen sie anschliessend in die Schweiz und heirateten 1962 – nachdem die Schweizer Behörden endlich eingewilligt hatten. Die gebürtige Kolumbianerin ist ein grosser Fan des Schweizer Malers Albert Anker. Über dem Sofa hängt deswegen immer eines seiner Bilder, welches regelmässig durch andere Anker-Bilder ausgetauscht wird.

 

Frau Brugger ist eine gläubige Person, die jeden Morgen und Abend das Vaterunser betet. Letzthin konnte sie sich nicht mehr an die genauen Worte erinnern, aber eine Mitbewohnerin schrieb ihr das Gebet auf – nun ist das Vaterunser wieder im Kopf! Sie politisiert mit Vergnügen, hilft dem Personal beim Servieren des Essens und trinkt abends gerne ein Glas Rotwein.

 

Herr Hickel hatte immer gute Stellen: zuerst in Hotels in London, anschliessend in der Bank in Zürich und Rapperswil. Am liebsten würde er immer noch arbeiten, da er seinen Job gerne machte. Nach der Pension entdeckte er eine alte Schulbekanntschaft wieder. „Eine schöne Frau“ und „ehemaliges Supermodel“. Mit ihr war er zehn Jahre zusammen und unternahm viele Kreuzfahrten, bevor sie kurz vor ihrer Hochzeit unerwartet verstarb. An der Wand in seinem Zimmer hängen noch viele Erinnerungsfotos von ihr.

 

Frau Koch ist eine sehr interessierte Person, die viele Bücher liest, Fragen stellt und gerne diskutiert. Sie habe es schön im Alter: „D’Gsundheit gwaggled, aber ich chan dänke!” Vor dem Wohnen im Alter hatte sie keine Angst. Ihrer Ansicht nach könne man der Einsamkeit entkommen, wenn man wolle und sich für die Welt interessiere. In ihrem Zimmer hängen einige Gobelin-Stickereien, die ihre Schwester gemacht hat – wie zum Beispiel der Ritter mit Helm.

Frau Koch ist im Februar 2020 verstorben.

 

Herr Visnyei ist in Ungarn geboren und 1956 in die Schweiz gekommen. Er war mit einer Zürcherin verheiratet und hat bei Schindler und Schlatter Industries (Schweissmaschinen) gearbeitet. Mittlerweile fällt es ihm schwer, auf Schweizerdeutsch zu sprechen. Er fällt immer wieder ins Ungarische und kann nicht mehr gut auf Mundart „umschalten“. Dementsprechend hat er mit mir fast nur auf Ungarisch gesprochen, obschon ich dieser Sprache nicht mächtig bin. Aber es hat unserer herzlich-freundschaftlichen Begegnung keinen Abbruch getan.

Herr Visnyei ist 2020 verstorben.

 

Mehrere der Möbel von Frau Schönholzer sind 100jährig – so auch das Bett. In ihrem Zimmer hängen einige Bilder vom Zürcher Künstler Oskar Dalvit, welchen sie durch eine Kollegin kennengelernt hatte. Frau Schönholzer liebt es, Gedichte und Psalmen auswendig zu lernen und für sich selber aufzusagen – das mache ihr grosse Freude.

Frau Schönholzer ist im Juli 2019 verstorben.

 

Frau Kappeler arbeitete 20 Jahre lang als Katechetin. Das habe ihr im Leben geholfen, aber sie wisse auch nicht, was nach dem Tod komme – „vielleicht kommt etwas, vielleicht auch nicht“. Sie hat vier Grosskinder, welche sie auf Trab halten. Das älteste Grosskind studierte Medizin und lud sie sogar an die Feier zum Staatsexamen ins Grossmünster ein – mit einem Extra-Eintritt „fürs alte Gröösseli“.

 

Wenn Besuch kommt, offeriert Frau Brunner gerne einen Bündner Rötheli. Häufig sitzt sie an diesem Tisch, macht jeden Tag Kreuzworträtsel oder liest die Zeitung. Die Familie bedeutet ihr alles: Sie hat drei Töchter und einen Enkel, die sie regelmässig besuchen kommen. Einer der Schwiegersöhne schaut jeden Montag für einen Apéro vorbei, und der Enkel kommt einmal die Woche Mittag essen. Mit ihm pflegt sie eine herzliche Beziehung, und sie nehmen sich gegenseitig auf den Arm. „Gäll, du schaust schon, dass ich noch Urgrossmutter werde“, foppt sie ihn.

Frau Brunner ist im Juli 2020 verstorben.

 

Frau Heierli kommt ursprünglich aus Kärnten und kam mit 18 Jahren zum ersten Mal in die Schweiz. Mit ihrem Mann ging sie viel wandern, im Wallis waren sie fast auf jedem Berg. Alle Bilder im Zimmer stickte ihr Mann (Gobelin-Technik). Das Handwerk lernte er von ihr, und mit „der Leserin“ – dem grössten Bild – fing er an. „Er hatte viel Geduld zum Sticken“, meinte sie. Auch die vier Stühle hätten sie selber gestickt, zwei seien von ihr und zwei von ihm. Doch sie wisse nicht mehr, wer welche gemacht hat.

 

Frau Bachmann ist eine lebendige und temperamentvolle Frau. Aufgewachsen im Sudetenland lebt sie seit 1956 in der Schweiz. Ihren Mann lernte sie am Knabenschiessen kennen, drei Monate später stellte er sie vor die Entscheidung: „Entweder wir heiraten, oder es ist aus.“ Sie sagte „Ja“ und liebte ihren Mann wirklich: „Wir haben ein schönes Leben gehabt.“. Vor dem Sterben hat sie keine Angst. Der Herrgott habe sie noch nicht geholt, aber sie möchte nicht 100 Jahre alt werden, sie möchte ihre Ruhe haben – irgendwann.

Frau Bachmann ist im Juli 2020 verstorben.

 

Der Kontakt mit den Menschen ist Frau Keller sehr wichtig, deshalb trifft sie sich immer noch regelmässig mit ihren Freundinnen. Eine ihrer älteren Schwestern ist seit 10 Jahren in einem Alterszentrum und war ihr ein Vorbild hinsichtlich des Wechsels in ein Alterszentrum. Frau Keller hat ihr Zimmer teilweise neu eingerichtet und sich von vielen alten Sachen getrennt. Über dem Sofa hängen Bilder, welche eine ihrer zwei Schwiegertöchter gemalt hat – beide sind für sie wie eigene Töchter.

 

Frau Müller engagierte sich ihr Leben lang für die Kirche und machte Jugendarbeit – und zwar gleich in der Nähe vom Alterszentrum Grünau. „Die Stimme von Grünau“ oder sogar „die Königin der Grünau“ wurde sie betitelt. Ihr war es wichtig, dass sie etwas auf die Beine stellen konnte. Deshalb hat sie sich für das Quartier eingesetzt. Wie zum Beispiel beim Projekt der grünen Fussgängerbrücke, bei welchem sie von Anfang an dabei war und das im Jahr 2000 umgesetzt wurde. Da Frau Müller immer vertrauensvolle Bezugspersonen in ihrem Leben hatte, sind ihr stets Türen aufgegangen. Vertrauen sei etwas vom Wichtigsten im Leben.

 

Herr und Frau Fischer führten fast 40 Jahre lang eine Papeterie oberhalb des Kreuzplatzes in Zürich. Sie haben einen sehr grossen Freundeskreis, den sie pflegen. Unter anderem sind viele ihrer ehemaligen Angestellten gute Freunde geworden, die sie immer noch regelmässig treffen. Neben ihrem Geschäft waren Herr und Frau Fischer grosse Reisefans. Vor allem der ferne Osten hat es ihnen angetan. Während sie noch sehr aktiv ist, im Bewohnerrat sitzt und auch einmal fürs ganze Haus kocht, „ist er der Charmeur des Hauses“ wie Frau Fischer lachend sagt.

 

40 Jahre lang diente Herr Feller als Sigrist für das Pfarramt Oerlikon. Nach der Pensionierung schrieb er ein Buch über seine langjährige Tätigkeit: „Mein Leben im Dienste der Kirche“. Das Titelbild des Buches rahmte er ein und hing es im Zimmer auf. Der Blick in die Natur vom Zimmer aus ist ihm sehr wichtig.

Herr Feller ist im September 2020 verstorben

Frau von Siebenthal fühlte sich in ihrem Leben noch nie so aufgehoben und wohl wie jetzt im Alterszentrum. Ihren beiden Enkeln kaufte sie seit deren 12. Lebensjahr jedes Jahr einen Teddybären – als Schutzengel, damit sie nicht in die Drogen und den Alkohol abrutschten. Als die Enkel 20 Jahre alt wurden, hörte Frau von Siebenthal damit auf, denn „nun müssen sie selber wissen, was sie tun“.

 

Als quirlige und aktive Persönlichkeit hat Frau Dohandi „immer Ideen, ganz viele Ideen“. In ihrer Freizeit betrieb sie lange ein Ein-Frau-Orchester. Mit Händen und Füssen spielte sie alle möglichen Instrumente selber (Gitarre, Handorgel, Mundharmonika und viele mehr) und nannte sich „Kapelle Chrüsi-Müsi“. Daneben machte Frau Dohandi gerne als Bauchrednerin „dä Lööli “. Das war für sie immer ein Hobby, nie verlangte sie dafür Geld. An ihrem 90. Geburtstag trat sie noch mit dem Affen Jimmy auf.

 

Sein Wohnatelier durfte Herr W. Fr. nach seinen Visionen einrichten. Die alte Schulbank wandelte er zum Ateliertisch um – dort kann er nun basteln und seine Kreativität ausleben. Herr W. Fr. hat ein bewegtes Leben mit vier Ehen und einigen Alkoholexzessen hinter sich. „Ich habe gelebt. Ich war an der Front.“ Mittlerweile besitzt er den Exit-Ausweis: Wenn er 84 Jahre alt wird, seien all seine Schulden beglichen, dann könne er abtreten.

 

Frau Federer schloss eine Ausbildung als Locherin ab (heutzutage Datatypistin) und arbeitete 42 Jahre im selben Betrieb (Stiftung Brunau). Eine positive Lebenseinstellung zu haben, ist Frau Federer am Allerwichtigsten. Offenheit und Neugier zeichnen sie aus. Sie arbeitet immer noch viel am Computer, schreibt Berichte für die Behinderten-Seelsorge und mailt regelmässig mit ihrem Bruder, welcher auf der anderen Seite der Erdkugel lebt. Sie erfreut sich an ihrer Aufgabe und sagt voller Überzeugung, dass sie ein gutes Leben habe.

 

Elisabeth und Ernst heissen beide mit Ledignamen Blättler und sind zusammen in die Schule gegangen. Mittlerweile sind sie seit mehr als 65 Jahren verheiratet, 90 Jahre alt und Urgrosseltern. Frau Blättler pflegt immer noch viele Kontakte, engagiert sich aktiv in diversen Gruppen und ist froh, dass sie einen langen Mann hat, der ihr Wärme spendet, wenn es kalt ist. Herr Blättler hat 24 Jahre als technischer Berater für Geberit gearbeitet und sich dabei als „interner Problemlöser“ ausgezeichnet. Dies sei die schönste Zeit in seinem Berufsleben gewesen – es gäbe einem die grösste Befriedigung, wenn man den Leuten helfen könne.

Herr Blättler ist im Februar 2020 verstorben.

 

Das Ehepaar Gmür hat wenige Sachen ins Alterszentrum mitgenommen. Viel haben sie entsorgt, und die Tochter hat ihnen vorgeschlagen, was sie mitnehmen sollen. Das Älterwerden sei nicht immer lustig („alle werden immer älter, und nicht schlauer“). Doch sie akzeptieren es, haben sich nach einer Angewöhnungszeit gut im Alterszentrum eingelebt und lachen viel.

 

Herr und Frau Grüter haben ein schönes, geräumiges Zimmer mit Blick auf ETH, See und den Uetliberg. Seine Leidenschaft ist die Malerei – unter anderem hat er den Schrank angemalt und die Bilder im Zimmer selber gemacht. Mandalas faszinieren ihn am meisten. Zwei Ausstellungen hat er mit seinen Mandalas organisiert, welche er anschliessend verschenkt. Mit 90 Jahren hat Herr Grüter zudem zum ersten Mal in seinem Leben am Computer gesessen! Er könne nicht still sitzen, sondern müsse immer etwas machen.

 

Frau Fischer (85J.) ist eine bayerische Ulknudel, wie sie selber sagt. In München aufgewachsen ist sie 1958 definitiv in die Schweiz gekommen.
Den Stoff-Hasen wollte sie eigentlich Kindern schenken. Doch es steht auf dem Zettel, dass man ihn wegen den Glasaugen nicht Kindern schenken darf – weil diese die Augen verschlucken könnten. Also hat sie ihn behalten.

 

Das Ehepaar Murati hat einen bunten Lebenslauf. Unter anderem hat er in den 70er Jahren in Libyen (zu Zeiten von Gaddafi) und im Iran während der Herrschaft des Schahs gearbeitet. Sie haben sich schon früh um einen Platz im Alterszentrum bemüht, damit sie nicht zu spät sind, falls etwas passiert. Im jetzigen Zimmer hat sowohl er wie auch seine Frau ein „eigenes Sofa“. Besonders stolz ist er auf seinen Enkel, der den Militärdienst absolviert.

 

„Ein Ziel habe ich immer. Wenn man kein Ziel hat, muss man nicht mehr leben“, sagt Herr Schwarz. Sein Ziel momentan ist, sich viermal im Tag umzuziehen und die Augentropfen selber zu verabreichen – auf diese Weise mache er gleich Bewegungstherapie und entlaste das Personal. Sport zu machen bedeutet ihm viel: Er ist ein passionierter Bergsteiger und bis 80 mit dem Rennvelo gefahren. Heutzutage ist er immer noch bemüht aktiv zu sein und täglich raus zu gehen – sei es mit dem Rollator oder mit dem Stock.

Herr Schwarz ist im September 2020 verstorben.

 

Herr und Frau Neuenschwander „wollen im Alterszentrum so bleiben, wie sie sind“ . Dreimal reisten in ihrem Leben sie zu den Spitzbergen ganz im Norden Europas und sahen die Mitternachtssonne. Jedes Mal suchten sie selber das Schiff aus, welches sie dorthin bringen sollte. Auf dem Foto an der Wand, welches Herr Neuenschwander gemacht hat, ist der Magdalenenfjord abgebildet. Dieser Fjord trägt denselben Namen wie seine Frau: Magdalena.

 

Frau Bolliger wurde in Paris geboren und kam als Kind in die Schweiz. Sie liest jeden Morgen den Tagi und will überall dabei sein, doch sie hat manchmal zu wenig Zeit für alles – sie bekomme langsam ein Burn-Out, meint sie mit einem Lachen. Mittlerweile ist sie Urgrossmutter und hat zwei Urenkel. Ihre Tante war Kunstmalerin in Frankreich. Eines ihrer Bilder hängt an der Wand und zeigt die baskische Küste.

 

Das Bild des Matterhorns hängt zentral im Zimmer von Frau Mächler über dem Tisch. Dieser Berg gehört zu ihr, den Kindern und ihren Enkeln. Sie verbindet schöne Erinnerungen damit, auch wenn sie es nie bis zur Hörnlihütte geschafft habe. „Beim nächsten Mal schaffe ich es“, nahm sie sich nach jedem Versuch vor. Doch beim nächsten Mal hatte sie leider weniger Kraft.

Frau Mächler ist im März 2020 verstorben.

 

Frau Steinhofer ist in Österreich aufgewachsen und mit 18 Jahren in die Schweiz gekommen. Sie hat gerne gestrickt – so auch den schönen Stuhl, auf welchem ihre Gäste sitzen dürfen – und sich als Imkerin betätigt. Auf dem Gemälde ist der Garten abgebildet, wo sie Bienen züchtete.